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Winterroadtrip durch die Pyrenäen
Winterroadtrip durch die Pyrenäen

Winterroadtrip durch die Pyrenäen

Mit dem Camper zu kleinen und lohnenden Skigebieten in den französischen Pyrenäen und Andorra
freeontour
FREEONTOUR

Autor: Marius Schwager, Titelbild: Pixabay

Ein betagtes Campingmobil tritt seine erste Winterreise an. Zu dritt wagen wir die 3.500 km lange Reise von Portugal über die Pyrenäen. Sie führt uns durch acht Länder, kleine Skigebiete und zu vielen geschlossenen, tief verschneite Passstraßen. Die Suche nach Neuschnee, unbekannten Skigebieten und neuen Freunden kann beginnen ... 

Der frische Powder lockt. Unser Kultcamper, eine 1,7 l Rennmaschine aus der italienischen Edelschmiede Fiat mit Alkovenausbau in Kleinserie, startet in sein Abenteuer. Unser treuer Begleiter, Fortbewegungsmittel und Herberge zugleich, ist Baujahr 1997 und wurde von Bennis Eltern noch vor der Euro-Einführung für 29.000 Deutsche Mark erstanden. Und er fährt noch immer. Meistens jedenfalls – auch wenn bei Gegenwind die Maximalgeschwindigkeit 60 km/h beträgt. Aber Entschleunigung soll ja ohnehin im Trend liegen.

Von Porto in die Pyrenäen

Es ist nicht mein erster Skitrip – gleiches gilt für Jan und Benni, meine beiden herzallerliebsten Begleiter und Bettgenossen. Dennoch ist die Reise mit dem betagten Campingmobil auch für uns Neuland. Aus Studiengründen holen wir das Womo in Porto ab und tuckern gen Nordosten in die Pyrenäen. Wir können die brachialen 57 Pferdestärken in Richtung Pyrenäen kaum bändigen. Gut 90 km/h bei idealen Bedingungen, so rasant flitzten wir über die portugiesischen und spanischen Autobahnen in Richtung Berge. Ist mal kein Rückenwind drosselt sich unser kleiner, starker Italiener bergauf auf unter Ortsgeschwindigkeit. Gelebte Entschleunigung in unserer schnelllebigen Welt. Andere würden dafür ein Vermögen ausgeben, wir bekommen es geschenkt. 

Artouste-Fabrèges: Ein Skigebiet nur für uns

Ich habe ein Faible für kleine, wenig bekannte Skigebiete: Der Umgang ist oft familiärer, die Liftler freuen sich über strahlende Gesichter und sind immer offen für einen kleinen Plausch und der Powder wird meist mit weniger Menschen brüderlich geteilt. Netter Nebeneffekt: Selten queren Horden quietschbunter Modeskifahrer mit perfekter Ausrüstung und mangelhaftem und unfreundlichem „Ich zuerst und nach mir die Sintflut“-Benehmen am Berg den Weg.

Unser erstes Ziel ist das Skigebiet Artouste-Fabrèges, ein kleines, familiäres Skigebiet am Rande des Parc National des Pyrénées im französischen Arrondissement Oloron-Sainte-Marie. Es liegt etwas versteckt kurz hinter der spanischen Grenze. Gegen 11 Uhr kaufen wir im Skigebiet Artouste unsere Tickets. Übernächtigt von einem frühmorgens übereifrigen Schneeräumgerät war die Nacht am Parkplatz nicht sonderlich erholend. Vielleicht begreifen wir auch deshalb nicht, wie wir nach der ersten Gondel weiter ins Gebiet kommen. Da tritt der Liftwart aus seinem Häuschen hervor, schaufelt noch eben seine Tür am Lifthäuschen frei und begrüßt uns mit breitem Lachen. Wir sind die ersten Skifahrer im Gebiet heute, sonst ist niemand da. Er wünscht uns viel Spaß, 30 cm Neuschnee erwarten uns. 

Irgendwann geschieht beinahe Unglaubliches: Breite Ski, Rucksack, Helm, fährt abseits der Skipiste. Wir entdecken einen anderen Freerider – es sollte der einzige an zwei Tagen bleiben. Mikael ist im offiziellen Leben Student, in Wahrheit aber – wie wir auch – genießt er das Skibumleben in vollen Zügen. Artouste ist sein Homespot. In gekonnter Art manövriert er uns durch das dichte Gestrüpp im steilen Wald. Wenn wir mal wieder eine Abzweigung verpassen und mal wieder Urlaute von uns durchs Gebüsch brüllen, grinst er nur. Es bereitet ihm sichtlich Freude mit uns Spuren zu kreuzen, wir bedanken uns artig mit deutschem Bier.

Piau-Engaly: Freeriden auf den Spuren von Luke Skywalker

Unser nächster Stop ist Piau-Engaly. Der Charme der Architektur erinnert uns zwangsläufig an Luke und seinen Vater: Darth Vader. Statt einem Todesstern taucht hier auf 1.600 Metern allerdings atemberaubendes Steilgelände vor unserem Fenster auf. Manul und Gigi führen uns durch ihren Homespot. Es ist ein relativ überschaubares Resort: Von der Station geht eine Liftlinie direkt zum Gipfel und überwindet dabei zügig 1.200 Höhenmeter. Wir erwischen es perfekt für solch einfach zu erreichendes Gelände und fahren mit den verrückten Franzosen um die Wette.

Das Skigebiet Piau-Engaly bietet viel leicht erreichbares Freeridegelände oberhalb der Waldgrenze zwischen den Liften, ist aber auch insbesondere für ambitionierte alpine Skitouren geeignet. Ein kurzer Zustieg, eine steile Abfahrt mit zahlreichen Cliffs und mit einigen Stockschüben geht’s dann wieder zurück zum Lift. Während die Schneemauer vor unserem Fenster täglich weiter wächst, verkneifen wir uns aber unnötig riskante Abenteuer in das Steilgelände. Eigentlich müsste man im Frühjahr noch einmal herkommen, so verlockend lächeln einen die Steilwände im rötlichen Abendlicht bei Baguette und Rotwein an.


Skigebiet Vallnord/ Arcalis in Andorra 

Weiter geht es in Richtung Andorra bei gefühlt 30 km/h durch das südfranzösische Hügelland. Malerische Landschaften ziehen an uns vorbei, hier und dort steht erhaben ein altes Schloss mit Wassergraben drum herum. Gelebte Entschleunigung wie aus einem Groschenroman. In Andorra angekommen haben wir wieder Wetterglück. Mit unserer Ankunft hört es auf zu schneien und wir können direkt im pistennahen Gelände freeriden. Wieder heißt es: guter Schnee, Sonne und kaum verspurtes Gelände. So viel Glück hatte ich bislang selten auf einem Roadtrip. Auch der Kultcamper machte nur wenige Probleme – wenn wir die zwei Sätze Schneeketten, die wir durch die ungünstige Gewichtsverteilung verschlissen haben, und einen Werkstattbesuch nicht mitzählen. Gegen solchen Reisestress helfen bekanntlich neue Bekanntschaften, Neuschnee und Rotwein - und all das haben wir mehr als ausreichend kosten dürfen. 

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